Lissabon 19. /20 Juli: Workshop der portugiesischen Schlichtungsstelle für den Automobilsektor unter Teilnahme der europäischen Clearingstellen

Themen: Während des Kongresses untersuchten Vertreter der europäischen Clearingstellen mit Vertretern der OECD und portugiesischer Ministerien sowie Wissenschaftler die derzeitige Lage der Schlichtung von grenzüberschreitenden Verbraucherstreitigkeiten. Die beiden Hauptthemen bildeten hierbei die Vorstellung portugiesischer Schlichtungsstellen und die Evaluierung der Koordination innerhalb des EEJ-Netzwerkes.

I. Vorstellung der portugiesischen Schlichtungsstelle

CdA Ein wichtiger Teil der Debatte bestand in der Darstellung der Funktionsweise der portugiesischen Schlichtungsstelle für den Automobilsektor, das Centro de Arbitragem (CdA). Das CdA hat den Kongress initiiert und die oben erwähnten Stellen in Lissabon zusammen gebracht, um u.a. die Koordination mit den europäischen Clearingstellen zu intensivieren.

Das Interesse des CdA an der Durchführung dieser Veranstaltung beruht auf der Tatsache, dass es nicht nur portugiesischen, sondern auch ausländischen Verbrauchern Zugang zur Schlichtung anbietet. Bei der CdA handelt es sich um die erste portugiesische Verbraucherschlichtungsstelle mit Zuständigkeit für das gesamte portugiesische Staatsgebiet. Die Dienstleistungen des CdA erstrecken sich auf allgemeine Informationen, Mediation und Schlichtung. Aus seiner sektoriellen Ausrichtung ergibt sich die Kompetenz für die Bereiche

  • Wartung, Inspektion, Reparatur und Bergung von Kfz,
  • Vertrieb von Kfz-Ersatzteilen sowie
  • Neu- und Gebrauchtwagenhandel
Die Beschwerde kann der Verbraucher direkt an den untenstehenden Sitz des CdA richten.

Sitz der Hauptverwaltung des CdA:
Centro de Arbitragem, Av. da República, n° 44 - 3° Esq°. -1050-194 Lissabon
Tel.: 00351-21 795 16 96
Fax: 00351-21 795 21 22


Hierbei kann der Verbraucher sich aller herkömmlichen Kommunikationsmittel bedienen. Neben dem direkten Kontakt zum CdA kann der Verbraucher seine nationale Clearingstelle zur Vorbereitung und Einreichung der Beschwerde anrufen. Mit der Einleitung der Schlichtung beim CdA sind geringe Verfahrenskosten verbunden. Die Kosten betragen - je nachdem ob ein einzelner Schlichter oder ein Schlichtungskollegium tätig wird - 3 % bis 5% des Streitwertes.

Um den Zugang zur Schlichtung weiter zu erweitern und zu vereinfachen, soll dem Verbraucher alsbald eine Webseite des CdA zur Verfügung stehen. Diese Webseite wird die Kommunikationsbarrieren sprachlicher oder räumlicher Natur beseitigen bzw. vermindern. Alle Information wird in drei Sprachen (Portugiesisch, Englisch und Französisch) bereitgestellt. Die Beschwerdeformulare können direkt online ausgefüllt und sodann per E-Mail eingesandt werden. Verfahrensregelungen und Hilfsanleitungen sorgen für eine umfassende Information und Unterstützung des Verbrauchers hinsichtlich seiner Beschwerde und des Fortgangs des Verfahrens. Der Vorteil so eingelegter Beschwerden besteht in der Möglichkeit des Verbrauchers, mit Hilfe eines Passwortes jederzeit Zugang und Information zu "seinem" Fall zu erhalten. Zur Gewährleistung des bestmöglichen Beistands erhält zudem nach Zustimmung des Verbrauchers die eingeschaltete Clearingstelle durch ein Passwort die Gelegenheit des direkten Online-Zugangs zum Beschwerdeverlauf. Für die nahe Zukunft ist sogar die Option der Durchführung von Schlichtungsverfahren über Videokonferenzübertragung vorgesehen. Die hierfür notwendige Ausrüstung steht bereits zur Verfügung. Diese Form des Verfahrens stellt sich insbesondere bei grenzüberschreitenden Verbraucherstreitigkeiten des EEJ-Nets als zweckmäßig dar. So können für Verfahren, die im Prinzip die Anwesenheit des Verbrauchers oder eines Vertreters vorsehen, weite Fahrten vermieden werden.

Insgesamt sind diese bevorstehenden Internetdienste als nachahmenswert zu bewerten. Die Pionierarbeit des CdA könnte als Vorbild für andere Schlichterstellen dienen. Denn mit der Internetpräsenz können die Schlichter die Kontaktaufnahme erleichtern und in transparenter Form Ihre Dienstleistung präsentieren.

II. Koordination zwischen Clearingstellen und alternativen Streitbeilegungsorganen

Ein weiterer Schwerpunkt des Kongresses bestand in der Bewertung der bisherigen Zusammenarbeit zwischen den einzelnen 17 nationalen Clearingstellen und Ihren jeweiligen, förmlich ausgewählten Schlichtungsorganen. Die Repräsentanten der Clearingstellen unterrichteten sich gegenseitig über ihren jeweiligen Stand der Kooperation mit den Schlichtungsorganen. In Anbetracht der erheblichen nationalen Unterschiede im Bereich der alternativen Streitbeilegung gestaltet sich diese Aufgabe für einige Länder schwieriger als für andere Länder. So sei beispielhaft Schweden für ein einfaches und flächendeckendes Schlichtungssystem genannt.
Dort existiert lediglich ein Schlichtungsorgan, das alle Arten von Verbraucherstreitigkeiten behandelt. Andere Länder verfügen nicht über ein solches universales Organ, sondern verfügen über viele einzelne Schlichtungsstellen, die jeweils nur für einen bestimmten Bezirk und Sachverhalt (zum Beispiel für Baustreitigkeiten die jeweiligen Architektenkammern) zuständig sind. Als Erschwernis kommt hier noch hinzu, dass in der Regel der betreffende Beschwerdegegner, d.h. das Unternehmen, in der Kammer oder Innung, die das Schiedsorgan bereitstellt, organisiert sein muss. Anderenfalls fällt die Verbraucherstreitigkeit nicht in den Zuständigkeitsbereich des Schlichtungsorgans. Schließlich mussten die Clearingstellen konstatieren, dass in einigen wichtigen Sektoren wie beispielsweise der des sogenannten Timesharings oder der Pauschalreisen geeignete Schlichtungsorgane oft fehlen.

Damit die grenzüberschreitenden Verbraucherstreitigkeiten einer außergerichtlichen Streitbeilegung zugeführt werden können, bedarf es auch einer engen Koordination zwischen den einzelnen Clearingstellen untereinander. In diesem Punkt funktioniert das Netzwerk bereits ohne Komplikationen. Vor allem Deutschland hat schon zahlreiche Beschwerden an die anderen europäischen Clearingstellen, vornehmlich an die der Urlaubsländer Spanien, Italien und Griechenland sowie an die der westlich an Deutschland angrenzenden EU-Staaten zur Information, Mediation und Schlichtung weitergeleitet. Diese hohe Anzahl von Verbraucherstreitigkeiten resultiert aus der hohen Bevölkerungszahl von ca. 80 Millionen potentiellen Verbrauchern, die seit der Einführung des Euro und der wachsenden Akzeptanz des Internets verstärkt über ihre eigenen nationalen Grenzen hinweg Waren bestellen und Dienstleistungen in Auftrag geben.

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