Badische Zeitung vom Samstag, 11. Oktober 2003



Antworten auf alle Grenzfragen



In Kehl arbeiten vier deutsch-französische Beratungsstellen künftig in einem gemeinsamen "Kompetenzzentrum" zusammen
Der Name klingt wie Eigenlob - "grenzüberschreitendes Kompetenzzentrum". Doch die 25 Mitarbeiter der vier Institutionen, die das Zentrum mittragen, kennen in der Tat wie niemand sonst die Alltagsprobleme entlang der Grenze. Mit einem Festakt am Montag wollen sie zu einer neuen Etappe der deutsch-französischen Zusammenarbeit starten, und zwar in der Villa Rehfus in Kehl. Dort bieten in Zukunft die Beratungsstelle Infobest Kehl/Straßburg (zuständig für Grenzgänger), die Organisation Euro-Info-Verbraucher (grenzüberschreitende Verbraucherfragen), das Euro-Institut (Fortbildung für die öffentlichen Verwaltungen beider Länder) und das Gemeinsame Sekretariat der Oberrheinkonferenz (über die auch die Schweiz am Kompetenzzentrum beteiligt ist) ihre Dienste an.

Die vier fusionieren nicht, aber rücken näher zusammen: "Die Bürger sollen mit ihren grenzüberschreitenden Fragen eine einzige Anlaufstelle haben", sagt Martine Mérigeau, Geschäftsführerin der Stelle Euro-Info. Ein gemeinsamer Internetauftritt und ein Bürgertelefon sollen den Kontakt erleichtern. Alle vier Einrichtungen erhoffen sich eine bessere Koordination.

Dass dieses Zentrum, das mit deutschem und französischem Geld sowie mit EU-Zuschüssen finanziert wird, in der Zukunft Zuwachs bekommt, ist nicht ausgeschlossen: "Auch der Oberrheinrat, die Arbeitsgemeinschaft Centre oder eine eigene grenzüberschreitende Beratungsstelle für Unternehmer könnte hier einmal mitmachen", sagt Michael Janssen von Infobest. Das Kompetenzzentrum wird zudem eine wichtige Schlüsselposition einnehmen, wenn der geplante Eurodistrikt Straßburg-Kehl Wirklichkeit wird.

Allein 3700 Anfragen erreichten die drei Mitarbeiter von Infobest Kehl im vergangenen Jahr; vor zwei Jahren waren es noch rund tausend weniger. Gerade in Zeiten, in denen in Frankreich wie in Deutschland Sozialreformen anstehen und der Euro Lust macht auf den Einkauf auf der anderen Rheinseite, werden, so Janssen, grenzüberschreitende Beratungsstellen immer wichtiger.

Umso erstaunlicher ist es, dass die Finanzierung der deutsch-französischen Verbraucherberatung "Euro-Info" auf deutscher Seite immer noch auf wackeligen Beinen steht - was in Frankreich nicht gut ankommt. Das Wirtschaftsministerium in Stuttgart schafft es seit Jahren nicht, eine längerfristige Finanzierung zu garantieren. Die Juristen von Euro-Info müssen deshalb Jahr für Jahr bangen, wie viel Geld sie letztlich tatsächlich bekommen.