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Seminar: "Elektronischer Geschäftsverkehr und Finanzdienstleistungen"
Ort: Hochschule für Öffentliche Verwaltung Kehl am Rhein
Datum: 18. bis 19. Mai 2000
Zusammenfassung der Referate und Diskussionsergebnisse
Im vierten Seminar über elektronischen Geschäftsverkehr und
Finanzdienstleistungen wurden insbesondere folgende Themen behandelt:
Betrugshandlungen via Internet, sichere Online-Zahlungsmöglichkeiten,
E-banking und Haftungsprobleme. Bereits zu Beginn des Seminars wurde auf
die Probleme der elektronischen Erfassung, Bearbeitung und Weiterleitung
von Personendaten hingewiesen: als Beispiel wurde die "carte vitale"
(Krankenhaus-Chipkarte in Frankreich) aufgeführt.
1) Der neue Internet-Handel
Konsumenten nutzen das Internet nicht nur als Informationsquelle, sondern
immer mehr zum Abschluss von Online-Transaktionen. Vertreter von Verbraucherverbänden
aus Österreich, Deutschland, Frankreich und Italien wiesen auf die
Schwierigkeiten von Verbrauchern hin, betrügerische Online-Anbieter
zu erkennen, da diese sehr oft über eine bessere Gestaltung ihrer
Website verfügen als die seriösen Geschäftspartner. Besorgniserregend
sei zum Beispiel, dass durch die leichtfertige Gewährung von Darlehen
eine erhebliche Überschuldung festzustellen ist. Neue Online-Zahlungsmöglichkeiten,
die ein hohes Sicherheitsniveau mit sich bringen könnten, sind: Die
Kryptologie, die SSL- und SIT-Systeme, der elektronische Geldbeutel, der
Bank-Fernabsatzvertrag und die System-Handy-plus-Kreditkarte. Bemängelt
wurde, dass durch diese neuen schnellen Techniken Verbraucher zunehmend
dazu verleitet werden, unüberlegt Verträge abzuschließen.
Die Verbraucherschützer berichteten im Hinblick auf die elektronische
Signatur und den elektronischen Geschäftsverkehr über die jeweilige
nationale Gesetzeslage. In Frankreich wird gerade ein Gesetz über
die digitale Signatur ausgearbeitet, in Österreich hat der Gesetzgeber
eine einfache elektronische Signatur vorgesehen, während das italienische
Recht nur die qualifizierte Version zulässt. Nur Italien hat in Bezug
auf den Online-Verkauf von Finanzdienstleistungen Vorschriften erlassen.
Zu erwähnen ist auch die Einführung des Internet-Ombudmanns
in Österreich. In allen Berichten zeigte sich, dass die Internetgeschäfte
immer größeres Interesse wecken und somit einen Wachstumsmarkt
darstellen. Vor allen Dingen wird betont, dass durch das Internet die
Markteintrittsschwelle herabgesetzt und durch den verschärften Wettbewerb
zwischen den Anbietern das Preisniveau fallen wird.
Im weiteren Verlauf des Seminars wurde auf die derzeitige gesetzliche
Situation in der Europäischen Union und auf geplante Gesetzesvorhaben
eingegangen. Dabei wurden folgende Themen angeschnitten: Haftung bei Diebstahl
oder Missbrauch der elektronischen Signatur, gegensätzliche Interessen
beim Gesetzgebungsverfahren über eine einheitliche Richtlinie zum
Fernabsatz von Finanzdienstleistungen wegen der Vielfalt der einzelnen
Produkte, grenzüberschreitende Streitfälle, Verhaltens-Kodex
für Online-Anbieter.
Zum Abschluss des ersten Seminartages wurden die Probleme, denen der Verbraucher
heute beim Online-shopping begegnet, aufgezeichnet und besprochen: Sicherheit
des Zahlungs-verkehrs, Betrug, genaue Identifizierung des Anbieters -
Gütezeichen von Verbraucher-verbänden, Angaben von Zoll- und
Versandkosten, Unwissenheit der Kunden über die AGBs, Rücktrittsrecht,
Bezahlung erst nach Erhalt der Ware.
2) Fernabsatz von Finanzdienstleistungen
Am nächsten Tag wurde der Richtlinienvorschlag über den Fernabsatz
von Finanzdienstleistungen untersucht. Anders als bei der allgemeinen
Richtlinie über den Fernabsatz sei hier eine Totalharmonisierung
und nicht eine Mindestharmonisierung beabsichtigt. Der europäische
Gesetzgeber will somit verhindern, dass bei der Umsetzung der Richtlinie
in den einzelnen Mitgliedstaaten verschiedene Schutzniveaus eingeführt
werden und somit der grenzüberschreitende Verkauf deutlich erschwert
wird. Im Zuge der Vereinheitlichung soll im Richtlinienvorschlag eine
Reihe von Informationen, welche vom Finanzdienstleistungsanbieter an den
Verbraucher vermittelt werden müssen, erarbeitet werden, die für
alle Finanzdienstleistungsprodukte gelten. In Bezug auf das Rücktrittsrecht
wurde eine Einheitsfrist von 14 Tagen (30 Tagen bei Lebensversicherungen)
vorgeschlagen.
Eine Vertreterin des belgischen Verbraucherverbandes Test Achat wies darauf
hin, dass mit der E-Commerce-Richtlinie eingeführte Herkunftslandprinzip
für Internetdienste nicht dazu führen darf, dass das EU-Land
mit dem geringsten Verbraucherschutzniveau den Maßstab setzt für
alle anderen Mitgliedsstaaten, mit der Folge des brüchtigten "race
to the bottom".
3) Online-banking
Im weiteren Verlauf des Seminars wurde das Thema Online-banking bezüglich
der Haftungsproblematik angeschnitten und erörtert. Dabei fiel auf,
dass zur Zeit die Banken, trotz Einsparung bedeutender Kosten durch die
neue Informationstechnologien, nur in sehr begrenztem Umfang Haftung übernehmen
wollen (siehe auch Bericht des 3. Seminars "Bankgeschäfte im
Hinblick auf den Euro"). Der Verbraucher muss für ein sicheres
System sorgen, nicht nur bei der Benutzung seines eigenen PCs, sondern
auch des Servers. Auch der Missbrauch oder Diebstahl des geheimen Online-Kodes
wird gänzlich zu Lasten des Online-Kunden ausgelegt. Die Empfehlung
der Europäischen Kommission die Haftung des Online-Kunden auf 150
ECU zu begrenzen, wird von den Banken in deren Verträgen nur für
den Fall groben Verschuldens von Seiten des Kreditinstitutes vorgesehen.
Im Vergleich dazu unterliegt der Online-Kunde in den Vereinigten Staaten
einer wesentlich leichteren Beweislast. Dort ist es Aufgabe der Kreditinstitute
zu beweisen, dass der Kunde zum Beispiel unbefugten Personen den Gebrauch
seines PIN-Kodes auf fahrlässige Art und Weise ermöglicht hat.
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