3. Seminar: "Bankgeschäfte im Hinblick auf den EURO"

Ort: Hochschule für Öffentliche Verwaltung Kehl am Rhein

Datum: 16. bis 17. März 2000

Zusammenfassung der Referate und Diskussionsergebnisse

Einführung der Banknoten und Münzen


Frau Schleicher, Mitglied des Europäischen Parlaments, stellt in ihrem Vortrag die technischen und logistischen Probleme bei der Verteilung von Euro-Münzen und Banknoten dar. Bis September 2001 müssen 13 Milliarden Banknoten hergestellt werden. Ebenso bereitet die Entsorgung und Entwertung der Geldscheine große Probleme. Einige Staaten werden voraussichtlich schon vor dem 1.1.2000 sog. Starterkits (Münzmischungen im Wert zwischen 10 und 20 Euro) an Haushalte ausgeben (sog. Frontloading). Vor allem benachteiligte Gruppen wie ältere Menschen und Blinde sollen so die Möglichkeit erhalten, vorzeitig die neue Währung kennen zu lernen. Allerdings können die neuen Münzen erst ab dem 1.1.2002 als Zahlungsmittel verwendet werden. Bis zum 28.2.2002 soll der Euro neben der nationalen Währung in den meisten Euroländern als Zahlungsmittel fungieren. In Folge mangelnder gesetzlicher Regelung in einige Nationen fordern Verbraucherschützer, dass das Kreditgewerbe den Umtausch von in Haushalten vorrätigen Münzen und Banknoten der alten Währung kostenlos vornimmt. Auch der Handel solle sich verpflichten, die alten Scheine und Münzen noch eine bestimmte Zeit ohne gesonderte Entgelte entgegenzunehmen.

Einführende Berichte der teilnehmenden Verbraucherverbände und Partnerorganisationen
 
Die unverändert hohen Bankenentgelte, die europaweit beim Umtausch von Bargeld innerhalb des EWWU-Raumes von Kreditinstituten in Rechnung gestellt werden, empfinden europäische Verbraucher als unberechtigt. Die Kreditinstitute begründen die Erhebung eines Umtauschentgelts damit, dass für das Sichern, Transportieren und Bereitstellen fremder Währungen nach wie vor Kosten anfallen, welche sie den Kunden in Rechnung stellen müssen. Alle Verbraucherschützer bemängeln die immer noch langen Überweisungslaufzeiten und die fehlende Kostentransparenz für Kunden bei Kleinbetragsüberweisungen innerhalb der EWWU-Zone. Sie stellen neuerdings fest, dass die erhobenen Preise zum Teil über den üblichen Kursdifferenzen liegen, die die Kreditinstitute vordem einbehielten.
 
Üblicherweise werden beim Bargeldtausch in allen europäischen Ländern Mindestentgelte zwischen 1,53 und 2,58 Euro verlangt, oder 1 % bis 4 % des Betrages in Rechnung gestellt. Auch die Bankautomatennutzung im europäischen Ausland wird überall mit Entgelten zwischen 2,58 bis 5,16 Euro belegt.
 
Seit einigen Jahren werden Zahlungskarten eingeführt, die bargeldloses Zahlen an Automaten und automatischen Kassen möglich machen. Diese Geldkarten könnten vor allem in der Umstellungsphase eine Lösung des Verteilungsproblems der neuen Scheine und Münzen sein. Der Einsatz funktioniert im Inland zufriedenstellend. Allerdings ist die Karte nur national verwendbar; eine europaweite Kompatibilität ist nicht geplant. Günstiger ist die Bezahlung per EC-Karten im POS-Verfahren im Geschäft. Die Entgelte für den Einsatz von Kreditkarten im europäischen Ausland fielen nicht weg, sondern wurden schlicht umbenannt: Wurde früher eine Devisenprovision in Höhe von 1 % des Betrags in Rechnung gestellt, verlangt man nach Einführung einer gemeinsamen europäischen Währung mehr oder minder willkürlich geschaffene Bearbeitungsgebühren.
 
Nach Untersuchungen der Verbraucherverbände kosten Überweisungen innerhalb des Eurolandes 7,75 bis 15,49 Euro; in einigen Fällen kommen noch 0,15% des Betrages hinzu. Es ist festzustellen, dass andere Entgelte verlangt werden, wenn ein Betrag von Land A nach Land B überwiesen wird als auf dem umgekehrten Weg. In einem konkreten Fall wurden die Kosten sogar doppelt berechnet. Auch bei den Laufzeiten der Überweisungen kam es zu unbefriedigenden Ergebnissen.
 
In Österreich wurde die EU-Richtlinie über grenzüberschreitende Überweisungen nur zum Teil umgesetzt. Auf die gesetzliche Verankerung zur Einrichtung einer Schiedsstelle wurde ganz verzichtet. Stattdessen wird auf den Rechtsweg verwiesen, der jedoch gerade bei geringen Streitwerten ein unverhältnismäßig hohes Prozesskostenrisiko darstellt. In Italien ist die EU-Richtlinie zum Zeitpunkt dieses Seminars noch immer nicht umgesetzt.
 
Grenzüberschreitender Überweisungsverkehr
 
Die Europäische Überweisungsrichtlinie wurde nicht allein wegen zahlreicher Verbraucher-beschwerden notwendig, sondern vor allem, um die Transaktionen größerer Wirtschafts-unternehmen innerhalb der Euroländer durch schnelle und sichere Überweisungssysteme zu fördern. Dementsprechend wurden in diesem Bereich auch schon frühzeitig die Systeme "Target" und "Euro 1" installiert. Ein vergleichbares Zahlungssystem für Kleinbeträge fehlt jedoch bis heute.
 
Udo-Olaf Bader von der Europäischen Kommission (Generaldirektion Binnenmarkt) und Alain Arnoux von der Banque Populaire de Mulhouse/Frankreich stellten aus ihrer Sicht folgende Hindernisse beim grenzüberschreitenden Überweisungs- und Scheckverkehr dar:
 
  • Fehlende internationale Standardisierung des Zahlungsprozesses
  • Unterschiedliche nationale Verrechnung von Überweisungen zwischen Kreditinstituten; national ausgerichtet sog. Clearingstellen arbeiten meist inkompatibel
  • Geringe Automatisierung des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs in den Banken
  • Auslandszahlungsverkehr ist quantitativ noch marginal; das ungünstige Verhältnis Betragshöhe / technischer Aufwand führt zu hohen Stückzahlkosten
  • Bevorzugung der traditionellen, wenig effizienten Korrespondenzbankbeziehungen
  • Kostenträchtige Meldungen für Zahlungsbilanzstatistiken
  • Mehrstufige, komplizierte Kostenverrechnung
Die Verbraucherschützer entgegneten, dass die aktuelle Preispolitik der Kreditinstitute durch diese technischen Hindernisse nur unzureichend gerechtfertigt werden könne. Sie stellen fest, dass die Regelungen der EU-Richtlinie in weiten Teilen hinter den aktuell technisch möglichen Standards zurückbleiben. Zum großen Teil seien die Probleme der grenzüberschreitenden Zahlungen von den Kreditinstituten hausgemacht. Der EU-Binnenmarkt ist schon lange beschlossene Sache, sodass sich die Kreditinstitute, die auch in gehörigem Maße die Gewinner dieses Marktes sind, lange genug vorbereiten konnten. Zum Beispiel gibt es noch immer keine internationalen Bankleitzahlen bzw. Kodierungssystem, die eine Identifizierung der Kreditinstitute vereinfachen würden. Die Kritik der Verbraucherverbände lautet deshalb: Die Europäische Bankenvereinigung und andere Interessenvertreter der Kreditinstitute verschleppen Entscheidungen und Koordinierungsmaßnahmen. Verglichen mit dem nationalen Geldverkehr läuft der grenzüberschreitende Zahlungsverkehr schlecht: Er ist gekennzeichnet durch fehlende Transparenz, langsame Abwicklung und im Vergleich zu den Inlandszahlungen durch weitaus höhere Preise. Lediglich die für Großzahlungen eingesetzten Systeme "Target", EAF und "Euro 1" funktionieren gut.

Unverständlich ist für die Verbraucherschützer, dass das für grenzüberschreitende Überweisungen verwendete Formular den Kunden mit fremdsprachigen Abkürzungen konfrontiert. Das Formular enthält die Ankreuzalternativen "OUR", "BEN" oder "SHARE". So soll der Kunde entscheiden, ob er oder der Empfänger die Kosten der Überweisung trägt, bzw. ob die Kosten geteilt werden sollen. Ferner berechnen Banken für Großbetrags-Überweisungen ein prozentual entsprechend höheres Entgelt. Generell gilt: Wer regelmäßig Überweisungen in das Ausland vornimmt, sollte bei mehreren Kreditinstituten vorsprechen und über die angebotenen Konditionen verhandeln!

Ein Positiv-Beispiel sind drei Kreditinstitute aus dem Dreiländereck Deutschland, Frankreich und Schweiz: Die Volksbank Freiburg, die Banque Populaire du Haut-Rhin und die Basler Kantonalbank haben sich in dem Modell "Transregio" zusammengefunden. Überweisungen werden kostenfrei und schnell von einem Land in ein anders abgewickelt. Das Angebot gilt allerdings nur für Kunden dieser Banken bzw. Überweisungen innerhalb dieses Verbunds.


Schlichtungstelle bei der Deutschen Bundesbank

Bundesbankdirektor Johannes Böhnert, einer der beiden von der Deutschen Bundesbank berufenen Schlichter, berichtete vom Kundenbeschwerdeverfahren der Frankfurter Schlichtungsstelle. Er räumte ein, dass die Einrichtung einen äußerst begrenzten Zuständig-keitsbereich hat, was sich in einer sehr geringen Erledigungszahl der Beschwerden niederschlägt: Sie ist gegenwärtig nur zuständig für grenzüberschreitende Überweisungen in Länder oder aus Ländern der Europäischen Union sowie Island, Liechtenstein und Norwegen, mit deren Abwicklung nach dem 13.08.1999 begonnen wurde. Aufgabe der Schlichtungsstelle sei es nicht, auf Kreditinstitute einzuwirken, um zu transparenteren Regelungen zu gelangen. In Deutschland scheint die Entwicklung dahin zu gehen, dass diese Schlichtungsstelle in Zukunft bei den bankeneigenen Verbänden eingerichtet werden soll. Mit dieser Lösung wären die Verbraucherverbände nicht einverstanden, denn die Unabhängigkeit des Schlichtungsver- fahrens wäre nicht mehr gewährleistet.

Zahlungskarten

Vor allem Verbraucher, die in Grenzregionen leben und arbeiten, werden häufiger Überweisungen ins Nachbarland tätigen (Lohn- und Gehaltsempfänger der Grenzgänger, Darlehensraten, Mietzahlungen, etc.). Der größere Teil der Bevölkerung wird Zahlungen im europäischen Ausland jedoch vor allem in der Urlaubszeit tätigen. Dabei werden grenzüber-schreitende Überweisungen wohl eher die Ausnahme sein. Im Urlaub wird vor allem mit der EC- oder Kreditkarte bezahlt. Bedingt durch die dynamische Entwicklung des E-Commerce werden außerdem Internetzahlungen im Mittelpunkt des Interesses stehen.

Weltweit sind ca. 70 Millionen EC-Karten mit dem "Maestro-Symbol" versehen und damit an vier Millionen elektronischen Kassen und fast 500.000 Geldautomaten einsetzbar. Die Entgelte für die Bankautomatennutzung im Ausland wurde für deutsche Kunden im vergangenen Jahr stillschweigend erheblich angehoben. Jedes Kreditinstitut im EU-Binnenmarkt ist verpflichtet, die Kunden über die Gesamtkosten zu informieren, die sowohl bei der den Automaten betreibenden Bank als auch bei der Hausbank entstehen. Derzeit erhält der Kunde am Automaten im europäischen Ausland keinerlei Information über den anfallenden Preis für die Nutzung. Aus Sicht der Verbraucherverbände ist es daher dringend notwendig, dass hier ebenfalls Transparenz geschaffen wird.

Nach wie vor hohe Schäden entstehen bei Verlust einer Kredit- oder EC-Karte durch den unbefugten Einsatz der gestohlenen Zahlungskarte an ausländischen Bankautomaten. Die Rechtsprechung und die Haftungsbedingungen sind in Deutschland derzeit sehr verbraucherunfreundlich. Harmut Strube, Rechtsexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, wies darauf hin, dass Kreditinstitute bei technischen Sicherheitsproblemen die Beweislast nicht auf die Kunden abwälzen dürfen. Dies geschehe aber beispielsweise in Deutschland vielfach durch den sog. "Anscheinsbeweis der technischen Sicherheit". das heißt, dass im Zweifelsfall der Verbraucher zu beweisen hat, dass die Bank die Verantwortung für den verursachten Schaden trägt, und nicht umgekehrt.

Bei Abhebungen an ausländischen Bankautomaten scheint ein niedrigerer Sicherheitsstandard als bei Abhebungen im eigenem Land zu bestehen. Aus Sicht des Verbraucherschutzes wäre es in jedem Fall sinnvoll, in dieser Sache auf europäischer Ebene eine Untersuchung über die eingesetzte Hardware in Gang zu bringen und evtl. eine europäische Normung voranzutreiben, um Kunden vor Manipulationen der Automaten und veralteten Sicherheitsstandards zu schützen.