Zum Friseur nach Belgien?
- Mehrwertsteuerhopping in der EU -

Direkte Steuern auf das Privateinkommen und Unternehmensgewinne werden in der Europäischen Union von den Mitgliedstaaten erhoben. Die Steuerpolitik der EU konzentriert sich daher auf die indirekten Steuern, wie z.B. die Mehrwertsteuer. Gerade diese Steuern können nämlich auch mit direkten Auswirkungen auf den Binnenmarkt verbunden sein.

Eine gewisse Einheitlichkeit ist zum Beispiel bei der Verbrauchssteuer auf Mineralöl, alkoholische Getränke und Tabakwaren nötig. Änderungen der betreffenden Steuersätze können leicht zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen führen. Nur beispielhaft seien die letzte Erhöhung der Tabaksteuer um 30 % in Frankreich oder die Einführung der verschiedenen Stufen der Ökosteuer in Deutschland genannt, die zu einem massiven Anstieg des grenzübergreifenden Einkaufstourismus geführt haben.

EU-weit müssen die Mitgliedstaaten einen Mehrwertsteuer-Normalsatz von mindestens 15% erheben. Am unteren Rande liegen hier Luxemburg (15%), Deutschland und Spanien (je 16%), der höchste Mehrwertsteuer-Normalsatz in der EU liegt zur Zeit bei 25% (Dänemark und Schweden). Allein diese unterschiedliche Besteuerung kann zu Preisdifferenzen von bis zu 10% führen. Daneben gibt es die Möglichkeit Nullsätze, stark ermäßigte und ermäßigte Sätze für bestimmte Waren festzusetzen. Deutschland hat hiervon für Lebensmittel Gebrauch gemacht (7 %), im Vereinigten Königreich zum Beispiel wird keine Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel, Kinderbekleidung und Motorrad- und Fahrradhelme erhoben, während es in Dänemark überhaupt keinen ermäßigten Satz gibt. Im Rahmen eines Pilotprojektes der EU können zur Zeit auch besonders arbeitsintensive Branchen wie das Baugewerbe einem ermäßigten Steuersatz unterworfen werden. In Frankreich zum Beispiel unterliegen Renovierungsarbeiten einem Steuersatz von 5,5%, Frankreichs Staatspräsident Chirac möchte diesen reduzierten Satz zudem zukünftig auch auf das Gastronomiegewerbe anwenden.

Natürlich ist die steuerliche Belastung für die Preisbildung nicht allein entscheidend, Preisunterschiede entstehen auch aufgrund anderer Faktoren wie Nachfrage, Lohnkosten und Absatz- und Marketingstrategien. Dennoch kann sich ein Blick über die Grenze lohnen.

Grenzgänger profitieren von den unterschiedlichen Steuersätzen schon seit langem. So wird ein Friseurbesuch in Luxemburg nur mit 3% versteuert, während man für denselben Haarschnitt im Nachbarland Frankreich 19,6% Steuern zahlen muss. Wer anschließend noch ins Restaurant und ins Kino geht, kann hierdurch bereits ein paar Euros an Steuern sparen. Auch wer im Grenzgebiet zu Besuch ist, und einen Hotelaufenthalt plant, sollte stets im Auge behalten, dass dieser in Belgien mit 6% statt 16% in Deutschland oder in Italien mit 5,5% statt 10% in Frankreich besteuert wird.

Wie ist es aber mit der Wareneinfuhr? Grundsätzlich werden Waren, die für private Zwecke erworben werden, im Land des Erwerbs versteuert, bei Dienstleistungen fällt die Mehrwertsteuer grundsätzlich dort an, wo die Leistung erbracht wird.

  • Achtung es gelten Richtmengen für den privaten Bedarf für die Einfuhr bestimmter Waren: 800 Zigaretten, 400 Zigarillos, 200 Zigarren, 1 kg Tabak, 10 Liter Spirituosen über 22% Vol., 20 Liter Aperitifgetränke (z.B. Sherry, Campari, Madeira), 90 Liter Wein (davon bis zu 60 Liter Perlwein) oder 110 Liter Bier.

Es gibt jedoch verschiedene Ausnahmen von dieser Regel. Die Einführung von Neufahrzeugen und unter bestimmten Bedingen auch der Kauf über den Versandhandel (auch über das Internet) jeweils zu privaten Zwecken unterliegen zum Beispiel dem Bestimmungslandprinzip, d.h. die Mehrwertsteuer wird dort entrichtet, wo die Ware eingeführt wird. Hiervon ausgenommen sind wiederum gebrauchte Fahrzeuge. Für ein gebrauchtes Kraftfahrzeug ist die Mehrwertsteuer dort zu entrichten, wo das Fahrzeug erworben wurde.

  • Fahrzeuge sind als gebraucht anzusehen, wenn der Tag der ersten Zulassung länger als sechs Monate zurückliegt und das Fahrzeug eine Laufleistung von mehr als 6000 km aufweist.

In vielen Fällen kann sich also der Blick über die Grenze lohnen, aufgrund unterschiedlicher Steuersätze können kluge und besonnene Käufer beim Kauf eines Gebrauchtwagens bis zu 20% oder mehr sparen.

Weitere Informationen zum Thema Mehrwertsteuer in der Europäischen Union unter http://europa.eu.int/comm/taxation_customs/publications/info_doc/taxation/tva/taux_tva-2003-5-1_de.pdf


Alle Angaben ohne Gewähr

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