Gewinnversprechen aus dem Ausland /
NEUES URTEIL DES TRIBUNAL DE GRANDE INSTANCE AUS STRASSBURG

07 / 2001

Sie kennen das Problem:
 
Fast jeden Tag flattert neben der täglichen Post eine Unmenge an Werbeprospekten in den Briefkasten. Darunter befinden sich häufig auch Gewinnmitteilungen. ACHTUNG: Hinter den Absendern derartiger Gewinnschreiben verstecken sich nach den Erfahrungen von EURO-INFO-VERBRAUCHER e.V. auch viele unseriöse Firmen.
 
Welches Unternehmen versteckt sich hinter diesen Gewinnversprechen?
 
Nach den Erfahrungen von EURO-INFO-VERBRAUCHER e.V. handeln oft grenzüberschreitend tätige Firmen. Dieser Auslandsbezug ist für den Empfänger häufig nur schwer zu durchschauen, da ihm eine unübersichtliche Zahl verschiedenster Unterlagen zugeschickt wird. Darin verschleiert eine deutsche Postanschrift den Auslandsbezug.
 
Regelmäßig stößt der Empfänger auch auf eine ausländische Postfachadresse und/ oder gleich mehrere Ansprechpartner. Soll eine Warenbestellung später rückgängig gemacht oder ein Gewinn eingeklagt werden, so führt dies zu einem entscheidenden Problem. Es fehlt an einer zustellungsfähigen Adresse, an die ein Mahnbescheid oder eine Klage zugestellt werden kann.
 
Ist eine Zustellung dennoch möglich, kommt es zu langen und kostspieligen Verfahren, wobei bei einigen unseriösen Firmen ohnehin oft kein Geld vorhanden ist.
 
Das ein Verfahren gegen derartige Anbieter dennoch zum Erfolg führen kann, zeigt ein Urteil des Tribunal de Grande Instance vom 20. März 2001 aus Straßburg. Das Verfahren entstand aus einer Initiative von EURO-INFO-VERBRAUCHER e.V. und der CHAMBRE DE CONSOMMATION D'ALSACE ( und dem IEIC ). Bei EURO-INFO-VERBRAUCHER waren zuvor unzählige Verbraucheranfragen und Beschwerden zu den Gewinnversprechen der Firma eingegangen.
 
Das Gericht erklärte zunächst die französische Gerichtsbarkeit für zuständig. Beklagte war die französische Geschäftsführerin der Firma B. mit Sitz in Straßburg, die grenzüberschreitend deutschen Verbrauchern Gewinne versprochen hatte. In Deutschland verbreitete das Unternehmen die Gewinnversprechen über die deutsche Firma T. Letztere tauchte auf den Schreiben jedoch nicht auf. Auch aus diesem Grund erklärte sich das französische Gericht für zuständig. Die französische Firma sei als Versender und einziger Ansprechpartner in Erscheinung getreten.

 
Das Gericht stellte einen Verstoß gegen französische Verbraucherschutzgesetze fest. An die Gewinnversprechen in Höhe von 4.500,- DM, 18.000,- DM und mehr wurde ein Bestellkatalog gekoppelt, welcher Produkte unterschiedlichster Art enthielt. Reagierte der Empfänger nicht, erhielt er regelmäßig ein zweites Schreiben, in welchem er darauf hingewiesen wurde, dass sein Gewinn weiterhin zur Verfügung stehe.
 
Hierauf bestellten viele Verbraucher Produkte, da Sie die Gewinnmarke auf den Bestellabschnitt klebten. Der versprochene Gewinn wurde in keinem der Fälle ausgezahlt.
 
Die Geschäftsführerin wurde zur Zahlung einer Strafe in Höhe von 100.000 F, zu Ausgleichszahlungen an geschädigte Verbraucher und zur Übernahme der Verfahrenskosten verurteilt. Weitere Einzelheiten zu dem Verfahren erhalten Sie bei EURO-INFO-VERBRAUCHER e.V.
 
Hinweis: Erkundigen Sie sich bei EURO-INFO-VERBRAUCHER e.V., sollten Sie Zweifel an einem Unternehmen oder sonstige Fragen im Zusammenhang mit einem Gewinnversprechen aus dem Ausland haben.
 
Unseriöse Gewinnversprechen?
 
Dem Empfänger wird darin meist versprochen, er gehöre zu den "auserwählten" Gewinnern. Mit Phantasiebegriffen ("Nationales Gewinnkomitee"...) und mit Hochglanzprospekten wird beim Verbraucher der Eindruck erweckt, es handele sich um offizielle und glaubwürdige Firmen und er sei der glückliche Gewinner des Hauptpreises.

  • Häufig werden die Gewinnspiele und Preisausschreiben als Werbemittel eingesetzt.
  • Teilweise enthalten die Gewinnmitteilungen lediglich Teilnahmeunterlagen für ein Gewinnspiel.
  • Meist wird mit vorgetäuschten Gewinnen als einziges Ziel verfolgt, den Empfänger zu einer Warenbestellung zu verleiten.

 
Was tun, wenn Sie auf ein Gewinnversprechen geantwortet und Waren bestellt haben?
 
In der Hoffnung auf einen Gewinn bestellen viele Verbraucher kostenpflichtig die angebotenen Produkte. Diese werden zwar meist ausgeliefert. Der angekündigte Gewinn bleibt jedoch in der Regel aus.
 
Häufig erhalten Verbraucher auf Nachfragen, die Gewinnauszahlung betreffend, keine oder nur ausweichende Antworten. Es stellt sich heraus, dass sich hinter einer angegebenen deutschen Anschrift nur ein Postfach versteckt. Auch unter der ausländischen Adresse ist niemand zu erreichen.
 
Ihre Ansprüche:
 
Befindet sich der Sitz des Unternehmens im Ausland, ist meist die dortige Gerichtsbarkeit zuständig. Der Verbraucher hat aber auch die Möglichkeit den Gewinn bei dem für seinen Wohnort zuständigen deutschen Gericht einzuklagen. Das Gericht wird dann nach seinem nationalen Recht entscheiden.
 
Wenn deutsches Recht zur Anwendung kommt:
 
Grundsätzlich ist nach deutschem Recht die Koppelung von Gewinnspiel und Warenabsatz als Wettbewerbsverstoß i.S. von § 1 UWG bzw. irreführende Werbung i.S.v. § 4 UWG gesetzlich verboten. Solch irreführende Gewinnspielwerbung wird daher auch von Euro-Info-Verbraucher e.V. und anderen Verbraucherschutzorganisationen regelmäßig im Wege einer Abmahnung verfolgt.
 
Seit dem 30. Juni 2000 hat sich die Gesetzeslage in Deutschland durch die Einführung des § 661 a ins Bürgerliche Gesetzbuch zugunsten der Verbraucher geändert. Danach hat der Empfänger von Gewinnmitteilungen einen Anspruch auf Auszahlung des versprochenen Preises, soweit ihm eine solche Gewinnzusage zuging, durch deren Gestaltung der Eindruck erweckt wurde, er sei der Gewinner des Preises.

 
Nach der nunmehr gültigen Rechtslage kann ein Verbraucher seine ihm zustehenden Ansprüche einklagen.
 
Erst kürzlich hat das Landgericht Wuppertal einer Klage auf Gewinnauszahlung stattgegeben.

 
Wenn französisches Recht zur Anwendung kommt:
 
Auch das französische Recht verbietet mit Art. L 121-36 des Code de la Consommation die Koppelung einer Gewinnchance mit einer finanziellen Gegenleistung zu werbenden Zwecken. Ein Teilnahmeschein an einem Gewinnspiel muss zwingend von jeglichem Bestellschein getrennt sein. Verstöße gegen diese Vorschrift können strafrechtlich verfolgt und mit einer Geldstrafe von 250.000 F geahndet werden.
 
Der Verbraucher kann auf dem Rechtswege gerichtlich gegen ein solches Gewinnspiel vorgehen.
 
Er hat einerseits die Möglichkeit insbesondere über die Direction Départementale de la Concurrence, de la Consommation et de la Répression des Fraudes eine Beschwerde einzureichen. Diese kann ein Verfahren vor dem zuständigen Strafgericht mit dem Ziel einer strafrechtlichen Verurteilung des Unternehmens veranlassen; in der Praxis ist diese Behörde, soweit es sich bei den Opfern um Personen mit Wohnsitz im Ausland handelt, diesbezüglich recht zurückhaltend.
 
Daneben kann der Verbraucher zivilrechtliche Schritte gegen das Unternehmen einleiten. Die Cour de Cassation hat Verbrauchern in einem solchen Fall einen deliktischen Schadenersatzanspruch nach Art. 1382 des Code Civil zuerkannt, wenn das Unternehmen die pure Möglichkeit eines bedeutenden Gewinnes so darstellt, als hätte der Verbraucher den Preis bereits gewonnen. Der Schadenersatz kann bis zur Auszahlung des versprochenen Gewinns reichen.
 
Aber Vorsicht!
 
In der Praxis besteht ein großer Unterschied zwischen "Recht haben" und der anschließenden Durchsetzung des Rechts. Auch das nach einem erfolgreichen Prozess erstrittene Urteil kann bei erfolgloser Vollstreckung "wertlos" sein mit der Folge, dass der obsiegende Kläger dennoch auf den Kosten sitzen bleibt. Handelt es sich z.B. wie so oft bei der Gewinnspielfirma um eine sogenannte "Briefkastenfirma" oder um ein grenzüberschreitend tätiges Unternehmen aus dem Ausland, so wird bereits die Zustellung eines Mahnbescheids oder einer Klage problematisch. Denn eine ladungsfähig Anschrift sowie der Name eines vertretungsberechtigten Mitarbeiters des Unternehmens sind erforderlich, damit die Klage ordnungsgemäß zugestellt werden kann.
 
Zu beachten ist auch, dass der Verbraucher bei einer gerichtlichen Geltendmachung seines Anspruchs zunächst das Kostenrisiko trägt. Der den Gewinn einklagende Verbraucher muss zunächst die Anwaltsgebühren und die Gerichtsgebühren tragen. Erst wenn er ein obsiegendes Urteil erstreitet, kann er seine Kosten im Wege der Vollstreckung des Urteils vom unterlegenen Beklagten zurückfordern.
 
Selbst wenn der Verbraucher rechtsschutzversichert ist, empfiehlt es sich vor der Einleitung rechtlicher Schritte gut abzuwägen, ob sich eine Klage gegen ein Gewinnspielunternehmen tatsächlich als lohnend erweist. Oft verweigert eine Rechtsschutzversicherung die Übernahme der Kosten, insbesondere bei einem Auslandsbezug. Auch kann die Rechtsschutzversicherung nach einem Schadensfall den Vertrag kündigen.
 
Trotz Änderung der Rechtslage in Deutschland bleibt es, insbesondere bei einem ausländischen Anbieter, langwierig und kostspielig seinen Gewinn einzuklagen.
 
Tipps:
 
  • Werfen Sie Gewinnmitteilungen in den Papierkorb!
  • Bestellen Sie keine Waren (diese sind häufig minderwertig und vergleichsweise teuer) !
  • Füllen Sie nicht unüberlegt Bestellformulare aus oder wählen die angegebenen meist teuren Telefonnummern!

Haben Sie aber bereits Waren bestellt, dann sollten Sie Folgendes beachten:
  • Wurde die Ware noch nicht geliefert, können Sie die Annahme der Waren und die Zahlung meistens verweigern! (Setzen Sie sich für weitere Informationen mit uns in Verbindung!)
  • Haben Sie die Waren bereits erhalten, dann sollten Sie unverzüglich von Ihrem zweiwöchigen Widerrufsrecht nach § 3 FernAbsG Gebrauch machen und die Waren auf Kosten des Unternehmers zurücksenden. Beachten Sie dabei aber, dass Ihnen bei einem Bestellwert bis zu 40 Euro die regelmäßigen Kosten der Versendung auferlegt werden können.

 
WICHTIG: Bewahren Sie alle Unterlagen, die Kopie aller abgeschickten Schreiben und den Einlieferungsbeleg sorgfältig auf.
 
Noch folgenden Hinweis:
 
Falls Sie die oben angesprochenen Gewinnmitteilungen erhalten haben, müssen Sie davon ausgehen, dass Ihre Anschrift den Gewinnspielunternehmen bekannt ist. Daher müssen Sie damit rechnen, dass Ihre Adresse an andere Adressenhändler weitergegeben wird und Sie weitere Werbepost erhalten werden.
 
Nützliche Adressen
 
Robinson-Liste des Deutschen Direktmarketing Verbandes (DDV), Postfach 1401, 71243 Ditzingen Tel.: 07156/951010 eMail [email protected] Internet www.retarus.de/robinsonliste (Durch den Eintrag in diese Liste können Sie sich vor unerwünschter Werbung schützen)
 
Finanztest-Warnliste "Unseriöse Gewinnspiele" Faxabrufnummer: 0190 5/100 10 86 13 (1,21 DM pro Minute) Internet www.stiftung-warentest.de, Stichwort: Downloads (1 DM pro Seite)
 
Euro-Info-Verbraucher e.V. Kinzigstr.22 D- 77694 Kehl Tel.: 07851/99148-0 Fax.: 07851/99148-11 eMail: [email protected]
Internet: www.euroinfo-kehl.com