Badische Zeitung vom Montag, 2. Juni 2003

Die Anlaufstelle für den grenzübergreifenden Internethandel

Kehl bekommt Europäisches Kompetenzzentrum / Vier grenzüberschreitende Beratungsstellen ziehen zusammen / Synergieeffekte bei der Aufgabenteilung.


KEHL (lori). Kehl wird ab Mitte Oktober ein Europäisches Kompetenzzentrum bekommen. Dort sollen alle in der badischen Grenzstadt existierenden Einrichtungen zusammengefasst werden, die sich um grenzübergreifende Beratung kümmern. Dies gab die Leiterin der deutsch-französischen Verbraucherberatungstelle Euro-Info, Infobest, Martine Mérigeau, am Dienstag bei einem Pressegespräch bekannt.

Dieses Kompetenzzentrum wird neben Euro-Info die Beratungsstelle Infobest Kehl/Straßburg, das Euroinstitut und das Sekretariat der Oberrheinkonferenz umfassen. Dazu wird Euro-Info von der Kinzigstrasse in der Innenstadt in das "Torbogengebäude" am Rehfusplatz umziehen. Die Einweihung dieses Kompetenzzentrums ist für den 13. Oktober vorgesehen, gleichzeitig mit dem zehnjährigen Bestehen von Euro-Info.

Infobest ist Anlaufstelle für grenzüberschreitende Fragen wie Steuerrecht, Handwerk, Autoanmeldung oder Arbeitsrecht. Das Euro-Institut kümmert sich um die grenzübergreifende Zusammenarbeit und Fortbildung der öffentlichen Verwaltungen.

Mérigeau verspricht sich von der räumlichen Annäherung eine effizientere Arbeits- und Aufgabenteilung der verschiedenen Beratungsstellen. Das räumliche Zusammenrücken bringt aber keine einheitliche Verwaltung mit sich. "Das ist noch Zukunftsmusik, wäre aber mein persönlicher Wunsch", sagte Mérigeau. Denn jede der vier Stellen brauche derzeit noch eine eigene Buchhaltung und Experten für den Internetauftritt und habe unterschiedliche Finanzierung. An gemeinsamen Aktivitäten seien etwa ein gemeinsames Internetportal oder die Einrichtung eines Bürgertelefons für Elsass, Baden und die Schweiz geplant.

Neu angesiedelt ist bei Euro-Info seit Januar die deutsche Anlaufstelle für Probleme bei grenzüberschreitendem Internet-Einkauf. Grundlage ist die E-Commerce-Richtlinie der Europäischen Union (EU) von 2000, die noch nicht in allen Mitgliedsländern umgesetzt sei, wie Mérigeau kritisiert. Die Richtlinie sieht vor, juristische Hemmnisse beim E-Commerce zu beseitigen, die Vorschriften zu vereinfachen und zu vereinheitlichen und einen ausreichenden Schutz für Verbraucher bei Internet-Geschäften sicher zu stellen. Vorgesehen ist auch eine Anlaufstelle in jedem Mitgliedsland, an die sich Verbraucher bei Problemen im Internetkauf wenden können Obwohl die Einrichtung in jedem Mitgliedsland schon im Februar 2002 geschehen sollte, gibt es Mérgieau zu folge noch keine entsprechende Anlaufstelle in Frankreich, den Niederlanden und Portugal.

Bei der deutschen Anlaufstelle in Kehl können nach Auskunft der Leiterin Stephanie Schmidt Internetsurfer Auskunft über den online abgeschlossenen Kaufvertrag, die Zahlungs- und Lieferungsbedingungen, den anzuwendenden Mehrwertsteuersatz und Logos geprüfter Anbieter bekommen. Schmidt rechnet damit, dass der elektronische Handel rapide ansteigt. Typische Streitfälle waren bisher vor allem nicht gelieferte Ware, die im Ausland bestellt und bezahlt worden war oder irreführende Werbung, bei der unklar ist, welches Recht anzuwenden sei. Umfragen zufolge surfen rund 40 Prozent der Deutschen regelmäßig im Internet, die Hälfte davon kauft online ein.

Euro-Info ist Teil eine Netzwerks von grenzübergreifenden Verbraucherberatungsstellen innerhalb der EU, das 1992 mit der Öffnung des Binnenmarktes geschaffen wurde. Die sechs Mitarbeiter beantworteten im Jahr 2002 7578 Anfragen aus Deutschland und Frankreich und bearbeiteten 1863 grenzüberschreitende Streitfälle.