Der Tagesspiegel 21. Juni 2002


„Auch Urlauber sind nicht rechtlos“

Verbraucherschützerinnen geben Tipps zu Reklamationen

Frau Schulz, Frau Gurkmann, was sind die häufigsten Beschwerden, die bei Ihnen eingehen?

Viele Verbraucher kaufen im Urlaub elektronische Geräte - Fotoapparate oder Camcorder -, die dann später zu Hause nicht funktionieren. Streit gibt es auch oft, wenn sich Deutsche im Ausland eine Immobilie kaufen oder bauen. Manchmal wenden sich die Leute aber auch an uns, wenn sie auf Fuerteventura eine Kamera zum „Schnäppchenpreis“ kaufen und später feststellen, dass es diese Kamera in Deutschland billiger gibt.

Selber schuld?

In letzterem Fall schon, ansonsten sind aber auch Urlauber nicht rechtlos. Wer im europäischen Ausland einkauft und mangelhafte Ware angedreht bekommt, kann reklamieren.

Wie geht das?

Der Verbraucher muss sich so schnell wie möglich an den Verkäufer im Urlaubsland wenden und diesem mitteilen, dass das gekaufte Produkt defekt ist. Wenn sich der Händler nicht meldet oder den Anspruch ablehnt, kann sich der Käufer an unsere Clearingstelle wenden. Wir geben den Fall dann an die Partner-Clearingstelle im jeweiligen Land. Ziel ist, den Streit außergerichtlich beizulegen.

Mit welchem Erfolg?

Die Erfolgschancen sind gut.

Kann man die auf Mallorca gekaufte Kamera nicht einfach zu Hause reparieren lassen und dem Verkäufer die Rechnung schicken?

Nein, das geht leider nicht. Nach dem Kaufrecht darf der Verkäufer entscheiden, wie er einen Mangel beheben will - er kann das Gerät reparieren oder umtauschen. Wenn das nicht geht oder unzumutbar wäre, kann man auch den Preis nachträglich herabsetzen oder den ganzen Vertrag rückgängig machen. Dieses Prinzip gilt in der gesamten EU, zumindest in den Ländern, die die entsprechende EU-Richtlinie umgesetzt haben.

Wie lange dauern Verfahren bei der Clearingstelle?

Das ist unterschiedlich. Wir hatten mal einen Fall, bei dem deutsche Urlauber in Italien einen Liegestuhl bestellt und bezahlt hatten. Leider wurde der Stuhl nie geliefert. Ein Dreivierteljahr lang verhandelten die Käufer selbst mit der Firma, dann kamen sie zu uns. Insgesamt hat die Sache ein Jahr gedauert.

Und: Haben die Leute ihren Stuhl bekommen?

Ja, wir hatten fast schon nicht mehr damit gerechnet, aber dann kam der Stuhl doch noch.

Das Interview führte Heike Jahberg.