Reklamationen (2530)



Die grenzüberschreitenden Reklamationsfälle sind kennzeichnend für den Binnenmarkt: neue Freiheiten und Rechte in den anderen EU-Staaten in Verkehr, Kreditaufnahme, Kauf usw. bilden gleichzeitig die Grundlage für Rechtsstreitigkeiten. Die Zahl der Reklamationsfälle wächst mit dem Anwachsen der grenzüberschreitenden Verbraucheraktivitäten und dem Aufkommen neuer Vertriebs- und Dienstleistungsangebote. Zu beobachten ist eine Internationalisierung der Rechtsstreite, gerade in wirtschaftlich dynamischen Grenzregionen wie an der deutsch-französischen Grenze.


Ursachen:
  • Unkenntnis der Nachbarmarkt- und Geschäftsgepflogenheiten bei den Gewerbetreibenden
  • Unkenntnis der rechtlichen Situation
  • unseriöse Geschäftspraktiken bei einigen Gewerbetreibenden

Kennzeichen der Streitigkeiten:

  • Vielfalt der Streitigkeiten
  • Häufig hohe Streitwerte, gerade im Finanzdienstleistungsbereich
  • Sprachliche Hürden zwischen Verbraucher und Gewerbetreibendem
  • Rechtliche Komplexität: in grenzüberschreitenden Reklamationsfällen geht es um internationales Recht und europäisches Gemeinschaftsrecht. Internationale vertragliche Übereinkommen sind ebenso zu prüfen wie die Klärung der Gerichtszuständigkeit und des anzuwendenden Rechts.


Im Rahmen seiner Aufgaben steht Euro-Info-Verbraucher e.V. einer steigenden Zahl von grenzüberschreitenden Reklamationen gegenüber sowie dem Wunsch der Verbraucher nach rascher gütlicher Einigung.

Die rechtliche Beratung gehört zu den bei den Verbrauchern am meisten geschätzten Dienstleistungen von Euro-Info-Verbraucher e.V., weil hier konkrete Hilfestellung und Beratung bei grenzüberschreitenden Verbraucheranliegen gegeben werden kann und dies durch einen Berater, der mit den Verhältnissen im anderen Staat vertraut ist. Würde eine solche Hilfe fehlen, so hätte dies häufig ein Vertrauensverlust in Binnenmarkt, Rechtsstaat und europäische Institutionen zur Folge.
1999 wurde Euro-Info-Verbraucher e.V. in 2.530 Reklamationsfällen bemüht, zu einem wesentlichen Teil zu Finanzdienstleistungsfragen (33 % der Reklamationsfälle), wobei Beschwerden französischer Verbraucher überwiegen (545 bzw. 66 %). Gleichzeitig ist mit einem Anteil von 34 % ein Ansteigen der Reklamationsanfragen der deutschen Verbraucher festzustellen. Ein Beschwerdeschwerpunkt lag bei den die Gebühren, die Banken beim grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr verlangen.


Sektorielle Übersicht der gesamten Reklamationen (2530)




Aktuelle Tendenzen bei grenzüberschreitenden Verbraucherstreitigkeiten:

Untersuchungsergebnisse
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1. Anstieg der Reklamationen wegen Gebühren im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr


Aktuelle Stand:

Mit der Einführung des Euro waren viele Verbraucher davon ausgegangen, dass der Geldverkehr zwischen den EU-Staaten erleichtert und die Bankgebühren bei grenzüberschreitenden Geldgeschäften sinken würden. Seit dem 1. Januar 1999 haben die Banken die Höhe der Gebühren nicht verringert. Hiervon betroffen sind insbesondere Überweisungen kleinerer Beträge, was zu großer Unzufriedenheit und steigenden Reklamationen führte. Euro-Info-Verbraucher e.V. strengte daher eine Untersuchung der Grenzregion am Oberrhein an, die von Januar bis Juni 1999 dauerte. Ziel war es, die verlangten Gebühren bei alltäglichen Geldgeschäften zu vergleichen.

Ergebnisse:

  1. Die Einführung des Euro führte nicht zu grundlegenden Änderungen der Gebührenpolitik der Banken in der Grenzregion am Oberrhein. Überweisungen ins benachbarte Ausland kosten unverändert mehr und dauern erheblich länger als im Landesinnern.
  2. Keine der auf der deutschen Seite angefragten Banken macht Angaben zu den bei der Transaktion zusätzlich im Nachbarland erhobenen Gebühren.
  3. Es bestehen bei den Banken nach wie vor große Gebührenunterschiede für Bankdienstleistungen; hierzu einige Beispiele:


a) Zahlungsverkehr


Für eine Überweisung von Deutschland nach Frankreich kann der Gebührenunterschied, der alleine bei dem deutschen Kreditinstitut entsteht, 18 DM betragen. Diese Unterschiede basieren insbesondere auf folgenden technischen

Hindernissen:
  • Fehlende Standardisierung (Kodierung von Kontonummern und Bankleitzahlen)
  • Meldepflicht gegenüber der nationalen Zentralbank
  • Unterschiedliche nationale Clearing- und Sicherungssysteme
Einige Banken bieten Grenzgängern jedoch Vorzugsgebühren an.

b) Geldumtausch

Die Bankgebühren beim Geldumtausch belaufen sich auf 2 bis 4,5% der Wechselsumme. Häufig wird eine Mindestgebühr von 3 bis 5 DM erhoben.

Fazit:
Die Verbraucher sehen Qualität und Art der Abwicklung von Bankdienstleistungen mit immer kritischeren Augen. Die Verbraucher fühlen sich im allgemeinen in ihren Erwartungen enttäuscht und mangelhaft informiert. Unkenntnis über unterschiedliche Überweisungssysteme z. B. führten zu fehlenden Auswahlmöglichkeiten je nach Gebühr und Dauer. Eine fortgesetzte Verbraucherinformation über die Informationspflichten der Banken (die in nationales Recht umgesetzte europäische Richtlinie 97/5) gestattet es den Verbrauchern, Preis- und Qualitätsvergleichen vorzunehmen. Eine Zunahme der Kundenbeschwerden und infolgedessen des Wettbewerbs zwischen den Banken ist zu erwarten und wünschenswert.

2. Untersuchung im Bereich des Kraftfahrzeugimports

Aktueller Stand:
Die Preisunterschiede bei Kraftfahrzeugen in der Europäischen Union sowie das Zurückgehen der Zoll- und Steuerformalitäten führen zu immer häufigerem Kauf im Ausland.
Deutsche und französische Verbraucher nutzen die Möglichkeiten des grenzüberschreitenden Kaufs im Oberrheingebiet.
Besonders der Gebrauchtwagenmarkt ist in Deutschland für Franzosen attraktiv, insbesondere hinsichtlich deutscher und japanischer Fabrikate, wo der Markt größer, preisgünstiger und qualitativ attraktiver ist als in Frankreich.
In der Region Elsaß ist eine entsprechend hohe Anfrage bei den Zulassungsbehörden festzustellen.
Euro-Info-Verbraucher e.V. hat nichtsdestoweniger eine Reihe von Hemmnissen beim Kauf eines Kraftfahrzeugs in Deutschland festgestellt. Diese Probleme stellen konkrete Hürden für die Verbraucher dar, die den seit 1993 bestehenden Binnenmarkt nutzen.
Euro-Info-Verbraucher e.V. hat daher eine Basisuntersuchung bei den zuständigen deutschen und französischen Behörden vorgenommen.

Ergebnisse:
Trotz der europäischen Harmonisierung (Richtlinie 92/53/EG v. 10.08.1992) konnten zahlreiche Kraftfahrzeugerwerber aus Frankreich deshalb keine Zulassung erlangen, weil das erworbene Fahrzeug nicht mit den in Frankreich geltenden technischen Normen übereinstimmte (bis Ende 1997, dem Zeitpunkt der Umsetzung der genannte Richtlinie in französisches Rech). Probleme bei der Zulassung bestehen weiterhin, vor allem dann, wenn gegenüber dem in Frankreich zugelassenen Fahrzeugtypen technische Veränderungen vorgenommen wurden und dies auch dann, wenn die technischen Veränderungen den Vorschriften des Staates der letzten Zulassung entsprachen!
Im weiteren verlangen die französischen Zulassungsbehörden eine technische Unbedenklichkeitsbescheinigung der DRIRE auch dann, wenn eine europäische Unbedenklichkeitsbescheinigung vorgelegt wird.
Das Fehlen einer europäischen Harmonisierung betreffend die technische Prüfung der Fahrzeuge führt zu einer Reihe von Beschwerden. So vertraut z. B. der französische Käufer eines Gebrauchtfahrzeugs häufig auf die deutsche TÜV-Plaquette. Dabei weicht die technische Untersuchung von Staat zu Staat deutlich voneinander ab, hat wenig Aussagewert bzgl. möglicher technischer Mängel und berechtigt nicht zur Zulassung im Nachbarland.
Vorschläge zur Zulassungserleichterung von im Ausland erworbenen Kraftfahrzeugen:
  1. Vereinheitlichung der Kriterien von Fahrzeugtypen auf europäischer Ebene. Der Fahrzeugtyp ist kein ausschlagendes Kriterium für die europäische Zulassung. Das führt dazu, dass der Fahrzeugtyp national beherrschtes Kriterium bleibt und ein Hindernis für die direkte Zulassung darstellt. Selbst wenn der Fahrzeugtyp in der europäischen Unbedenklichkeitsbescheinigung aufgeführt ist, unterscheidet er sich von Staat zu Staat!
  2. Vereinheitlichung des Nachweises über Fahrzeugidentifizierung und Eigentum, die zum Führen des Fahrzeugs berechtigt (z. B. über eine fälschungssichere Codekarte).
  3. Kostenfreiheit der Unbedenklichkeitsbescheinigung, wenn diese vom Hersteller ausgestellt wird.
  4. Vereinheitlichung der technischen Prüfkriterien und gegenseitige grenzüberschreitende Anerkennung.
  5. Schaffung einer Rechtsgrundlage für die vorübergehende Zulassung und deren gegenseitige Anerkennung durch die EU-Mitgliedstaaten.
  6. Gültigkeit der in einem EU-Staat erworbenen technischen Unbedenklichkeit.

3. Umfrage zu Neuwagenpreisen in Deutschland und Frankreich

Angesichts der großen Zahl von Kaufinteressenten von Neu- oder Gebrauchtfahrzeugen im jeweiligen Nachbarland hat Euro-Info-Verbraucher einen Preisvergleich bei französischen und deutschen Vertragshändlern der Grenzregion durchgeführt. 20 Vertraghändler gaben schriftlich Auskunft über ihre Preise.
Die Umfrage zeigte, wie wichtig für die Verbraucher ein Preisvergleich über die Grenze ist. Mitunter lagen die Preisunterschiede bei 10 Prozent. Ziel der Untersuchung war weiterhin, die Wichtigkeit des Euro für den leichteren Preisvergleich in Europa herauszustellen.
Durch Information über diese Untersuchung wurden die Verbraucher an die neuen Möglichkeiten des Binnenmarkts mit seiner Einheitswährung herangeführt.